Europameisterschaften im Motorschirmfliegen 2008 in Lomza

An dieser Europameisterschaft nahmen insgesamt 111 Piloten teil. Es ist ein absoluter Rekord! Selbst bei den Weltmeisterschaften in China, im letzten Jahr, war die Teilnehmerzahl geringer.

An der Reaktion der Gleitschirmpiloten lesen wir ab, dass sowohl die professionelle Organisation und der Verlauf der Veranstaltung als auch die
malerische Gegend und nicht zuletzt das gute Wetter einen durchweg positiven Eindruck hinterlassen haben.

An der Veranstaltung nahmen 95 Gleitschirme teil; am häufigsten waren Reaction (20-mal), Plasma (12-mal) und Synthesis (6-mal) vertreten. Andere
Modelle wurden in einer Anzahl von 1 bis 6 Exemplaren gesichtet, insgesamt 34 verschiedene Modelle, mitunter ein altbewährter „Dudek Aktion“. Unter den 20 vertretenen Herstellern stand Dudek Paragliders an der Spitze mit 39 Gleitschirmen und stellte damit 41% der gesamten teilnehmenden Gleitschirme. Der nächste Hersteller war mit 7 Gleitschirmen vertreten.

Bei Meisterschaften mit einer so groߟen Teilnehmerzahl lassen sich nicht nur die vielfältigen Fähigkeiten und die hohe Flugkunst der Piloten bewundern, sondern sie bieten auch eine gute Möglichkeit, die Flugeigenschaften der verschiedenen Gleitschirme zu beobachten und zu vergleichen.

Wendigkeit und Geschwindigkeit:
Bei „clover- leaf“, dem Geschicklichkeitsslalom, war Grzegorz Krzyzanowski mit Plasma mit 2D-Steuerung in 42 Sekunden einfach konkurrenzlos. Der nächstplatzierte Pilot mit Reaction erreichte das Ziel in 46,2 Sekunden.

Geschwindigkeitsspektrum:
In der Konkurrenz „Schnell-Langsam-Fliegen“ gewann Pascal Vallee mit Plasma PV. Er erreichte die gröߟte Geschwindigkeitsdifferenz von 30,29 km/h (Vmax  58,06 km/h).

Wirtschaftlichkeit:
Der Gewinner Michel Carnet mit Reaction ALC, Antrieb Bailey 4-stroke, durchflog 57 Abschnittsfelder, also 10 % mehr als der Zweitplatzierte mit 51 durchquerten Abschnittsfeldern.

Die Endergebnisse in Kürze:

PF1 (PPG Einzelperson) – Es starteten 58 Piloten aus 13 Ländern.
Den 1. Platz belegte der Spanier Juan Jose Garciade Abajo mit Reaction.
Den 2. Platz belegte Ramon Morillas ebenfalls aus Spanien.
Auf Platz drei stand der Franzose Mathieu Rouanet.
Piloten mit Dudek-Gleitschirmen belegten die Plätze: 1,4,7,9 und 10.

PF2 (Tandem PPG) – Es starteten 5 Teams aus 4 Ländern. Den ersten Platz gewann Frankreich vor Tschechien und Polen.

PL1 (Einpersonen-Trike) – Es starteten 21 Teilnehmer aus 5 Ländern.
Alfonso Redondo aus Spanien belegte den ersten Platz mit Reaction 29.
Auf die Plätze zwei und drei kamen zwei Piloten aus Tschechien.

PL2 (Zweipersonen-Trike) – Es starteten 11 Teams aus 6 Ländern.
Die Gewinner waren Barthel Gunar / Peter Schulz.
Den zweiten Platz gewannen Spanier.
Den dritten Platz hatten Russen belegt und über den vierten Platz freuten sich Piotr Dudek und sein Sohn (Synthesis Cabrio 46).

Fakten und Mythen über Gleitschirme mit Reflexprofil

Gleitschirme mit Reflexprofil werden seit vielen Jahren produziert. Wenn man die Verkaufszahlen der Hersteller zusammenrechnet, fliegen am Himmel bereits mehrere Tausend dieser Schirme. Die Anzahl der Flüge rechnet man in siebenstelligen Zahlen. Piloten der Reflexprofilschirme entscheiden sich immer öfter für Flüge mit höherem Schwierigkeitsgrad. Dank der charakteristischen Flugeigenschaften der Reflexprofilschirme hört man keine Nachrichten über Unfälle.
Wie kommt es also zu so vielen Vorurteilen gegenĂźber Reflexprofilgleitschirmen unter den Piloten?
Wie so oft, ist es Unwissenheit, die Angst und Unsicherheit erzeugt. Ein Mangel an Informationen bewirkt Halbwahrheiten und Mythen.
In diesem Artikel versuchen wir, dem Unwissen entgegenwirken und es mit versierten Informationen zu ersetzen.

Mythos Nr1.
Das Starten mit Reflexprofilgleitschirmen ist schwierig.

Fakt:
Das Starten mit Reflexprofilgleitschirmen verläuft anders als mit klassischen Schirmen. Probleme können auftreten wenn Piloten beim Start mit RPS ( Reflexprofilschirmen ) die gleiche Starttechnik anwenden wie beim klassischen Gleitschirm oder wenn die Trimmer nicht richtig auf die Windstärke abgestimmt sind. Sobald man aber den Dreh raus hat, ist das Starten denkbar einfach.

Mythos Nr2.
Reflexprofilgleitschirme lassen sich schwer steuern.

Fakt:
Die neuen Gleitschirme mit Reflexprofil bieten ein effektives System der klassischen Steuerung bei kleiner Geschwindigkeit. Bei hoher Geschwindigkeit stehen spezielle Steuerungsleinen zur Verfügung um den Flugkomfort zu sichern.

Mythos Nr3.
Eine dynamische Reaktion des Gleitschirms mit Reflexprofil auf einen Frontstall zeigt, dass sich der Pilot bei starken Turbulenzen in großer Gefahr befindet.

Fakt:
Die Reaktion von RPS bei der SIV-Testreihe spiegelt nicht das wahre Verhalten des Gleitschirms in realen Situationen. Ein Reflexprofilgleitschirm der selbst bei stark turbulenten Wetterverhältnissen fliegt, reagiert entweder mit leichtem Geschwindigkeitsanstieg und einem leichtem Heber, wenn die Luftmassen frontal wirken oder der RPS pendelt leicht aus und ändert etwas die Richtung, wenn die Turbulenzen deutlich von einer Seite kommen.

Achtung: Es macht keinen Unterschied, ob es sich dabei um ein RPS oder GS handelt, wenn der Gleitschirm in ansteigende Luftmassen gerät. In beiden Fällen kann der Gleitschirm ausgebremst werden und in einen Sackflug übergehen. Testreihen für diesen Notfall sollen also auch für RPS zum Standard gehören und den gröߟten Anstellwinkel (langsamste Trimmereinstellung) berücksichtigen. Meistens wird diese Situation des langsamen Strömmungsabrisses bzw. des Übergangs vom B-Stall in einen Sackflug provoziert, dabei wird die Zeit gemessen vom stabilen Fallflug bis sich ein horizontaler Flug einstellt. Je schneller umso besser, ganz klar.

Mythos Nr4.
Alle Gleitschirme mit Reflexprofil zeigen die gleichen Flugeigenschaften.

Fakt:
Alle RPS mit vollständigem Reflexprofil sind fähig, hohe Geschwindigkeiten zu entwickeln. Die Stabilität des Gleitschirms erhöht sich mit der steigenden Geschwindigkeit. Doch nicht alle RPS bieten ein komplettes Reflexprofil an und je nach Einstellung der Trimmer und Speed ist das Verhalten unterschiedlich.

Mythos Nr5.
Es wird behauptet, dass Reflexprofilgleitschirme resistent auf Turbulenzen sind.

Fakt:
RPS ist kein Gleitschirm mit magischen Kräften und kann Turbulenzen nicht wegzaubern.
Reflexprofilgleitschirme können die Erschütterungen bei einem turbulenten Flug nicht beseitigen. Jedoch sind Klapper und Frontstalls auch bei sehr turbulentem Wetter äuߟerst selten.

Mythos Nr6.
Gleitschirme mit Reflexprofil sind nur für erfahrene Piloten empfehlenswert.

Fakt:
Die Palette der Reflex-Gleitschirme präsentiert sich genau so wie die der GS-Gleitschirme: geboten werden Modelle für Profiflieger und solche, die sich besser für Freizeitflieger eignen.
Das Fliegen mit RPS verlangt entsprechendes Wissen und Verstehen der spezifischen Steuerung (natürlich neben dem restlichen zum Gleitschirmfliegen benötigten Wissen). Piloten, die das erlernt haben, kommen sehr gut mit einem zum Freizeitfliegen geeignetem RPS zurecht.

Wie man sieht, sind die meisten Vorurteile dadurch entstanden, dass man den RPS durch das GS-Prisma betrachtet hat. Es ist höchste Zeit um festzustellen dass RPS und GS sehr verschieden sind. Sie sind so unterschiedlich, dass sich ein Pilot, wenn er vom GS auf RPS umsteigen möchte, entsprechendes Wissen aneignen muss. Die zu bewältigende Theoriemenge ist nicht sehr groß oder kompliziert. Sie ist jedoch entscheidend für den Erfolg!

Vereinfacht gesagt, ist RPS ein GS mit Flugzeugeigenschaften. Der Pilot muss die Flugzeugeigenschaften kennen, sonst lernt er die Mythologie kennen.